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Info:

Die 24-Stunden-Ameise (Paraponera clavata), auch als Tropische Riesenameise oder als Gewehrkugelameise bekannt, zählt innerhalb der Familie der Ameisen (Formicidae) zur Gattung Paraponera. Im Englischen lautet die Bezeichnung der 24-Stunden-Ameise Bullet Ant oder 24-Hour-Ant.

Die Bezeichnung Gewehrkugelameise kommt von ihrem schmerzlichen Stich, der intensiv und verweilend ist, wie eine Schusswaffenwunde und 24 Stunden anhält, daher auch der Name 24-Stunden-Ameise. Das Gift verabreicht die 24-Stunden-Ameise mit ihrem Stachel, der wie ein Insektenstich wirkt. Das Gift ist neurotoxisch und lähmt das gesamte zentrale Nervensystem der Gliederfüßer (Arthropoda) und produziert extreme Schmerzen bei Säugetieren (Mammalia) und unter anderem auch bei Menschen mit einhergehender Übelkeit, Schwellung und Schweißausbruch.

Beschreibung:

Die 24-Stunden-Ameise zählt zu den größten Ameisen-Arten der Welt. Die Arbeiterinnen der 24-Stunden-Ameise erreichen eine Körperlänge von etwa 18 bis 25 Millimeter und weisen eine rötliche, bräunliche bis schwärzliche Färbung auf. Die Königinnen werden kaum größer als die Arbeiterinnen. Die Königinnen besitzen aber für die Eiproduktion einen breiteren Gaster (bauchiger Abschnitt des Hinterleibes) als die Arbeiterinnen. Die Vorderbeine sind goldfarben getönt und der Körper sowie die Beine sind behaart. In der Gestalt ähneln sie einer flügellosen Wespe und können auch wie eine Wespe stechen. Die Arbeiterinnen und die Königinnen sind mit einem wehrhaft einziehbaren Stachel ausgestattet, mit dem sie, wenn sie sich bedroht fühlen oder wenn sie ihr Territorium und die Kolonie verteidigen, schmerzhafte Stiche austeilen können, sonst sind sie im allgemeinen friedliche Ameisen. Der einziehbare Stachel selbst befindet sich am Ende des Gasters. Die extremen Schmerzen des Stiches werden durch ein sehr kleines Neurotoxinpeptid, das Poneratoxin genannt wird, hervorgerufen.

Poneratoxin wurde zuerst in den frühen neunziger Jahren beschrieben und man war bemüht, natürliche Substanzen zu finden, die als Insektenvertilgungsmittel und als muskelentspannendes Mittel eingesetzt werden sollten. Poneratoxin ist das aktive Neurotoxin im Ameisengift. Es verursacht die langsamen und langlebigen Kontraktionen der glatten Muskulatur bei Säugetieren, blockiert die Synapse (Umschaltstelle für diskontinuierliche Erregungsübertragung), indem es die Kinetik der spannungsabhängigen Natriumzuführung ändert und die Erregbarkeit von Axon oder Neurit (Fortsatz einer Nervenzelle (Neuron)) beeinflußt. Bei niedrigen Konzentrationen sind diese Effekte umschaltbar.

Die Sozialstruktur der 24-Stunden-Ameise ist eusozial und verhältnismässig primitiv. Die Kolonie ist klein und zählt höchstens einige Tausend Ameisen, bestehend aus Königinnen sowie Arbeiterinnen respektive Soldatinnen. Jedoch besteht unter den Arbeiterinnen auch eine gut organisierte Arbeitsteilung, indem der eine Teil der Arbeiterinnen die Eier und die Larven betreut und der andere Teil der Arbeiterinnen die Nester der Kolonie beschützt und über die Nahrungsmittel wacht. Es können in einer Kolonie eine Königin oder auch mehrere Königinnen nebeneinander existieren. Wenn ihre Kolonie durch Eindringlinge gestört wird, geben die Arbeiterinnen respektive die Soldatinnen einen schweren moschusartigen Geruch ab und stridulieren durch Aufbewegungen und Abbewegungen eines Gastersegments eine hörbare Warnung. Läßt sich der Eindringling nicht abschrecken, wird er von den Arbeiterinnen respektive Soldatinnen gepackt und mit dem Stachel getötet. Die 24-Stunden-Ameise hat auch natürliche Feinde wie zum Beispiel Artgenossen anderer Kolonien. Aber auch die parasitischen Buckelfliegen (Phoridae) können der Kolonie zusetzen sowie ein Schmarotzerpilz, der die Sporenlager der Ameisen befällt und mummifiziert sowie ein Bockkäfer der Familie (Cerambycidae), der die 24-Stunden-Ameise nachahmen kann und ebenfalls für die Kolonie eine Bedrohung ist.

Verbreitung:

Die 24-Stunden-Ameise ist eine weit verbreitete neotropicale Ameise. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nicaragua im Norden nach Bolivien und Brasilien an seiner südlichen Begrenzung. In Nicaragua bis zum südlichen Amazonasbecken lebt sie hauptsächlich im atlantischen Küstentiefland in den Regenwäldern. In Costa Rica ist sie in den Bergwäldern in Höhen bis zu 500 Meter zu finden und in Peru bewohnt sie die Primär- und Sekundärregenwälder. Die 24-Stunden-Ameise nistet im Boden an den Baumunterseiten und besetzt manchmal arboreale Regionen. Die Plätze für den Ameisenhügel können vollständig im Schatten oder im direkten Tageslicht liegen.

Die Nester einer Kolonie besitzen häufig einen einzelnen Eingang, aber können mehrfache Öffnungen haben. Die Haupteingänge berühren gewöhnlich die Baumstämme oder befinden sich an den Baumunterseiten. Die Sekundäröffnungen werden für den Bodenabbau verwendet. Ein großes Nest besitzt zahlreiche Tunnels und etwa 43 Räume, die abwärts führen und etwa 7 bis 62 Zentimeter lang sind. Die Räume, die am Ende des Tunnels liegen, werden als Bruträume benutzt und betragen eine Größe von fünf bis zehn Zentimeter. Des Weiteren befindensich breitere Ebenen mit einer etwas gewölbten Decke, die eine durchschnittliche Höhe von etwa 13 bis 16 Millimeter aufweisen und manchmal in Reihen gestapelt sind. Diese dienen als Entwässerung oder als Ausweichtunnels und sind unterhalb des tiefsten Raumes verlängert.

Ernährung: Die 24-Stunden-Ameise ist in der Morgendämmerung und in der Abenddämmerung sowie in der Nacht eine aktive Ameise. Allerdings ist ihre Gesamtaktivität auch von der Tages- und Jahreszeit abhängig. Die Arbeiterinnen sind die alleinigen Jäger und kommen zum Nest mit gefangengenommenen Insekten (Insecta) zurück, meist sind es Gliederfüßer (Arthropoda), aber auch andere wirbellose Tiere und gelegentlich kleine Wirbeltiere (Vertebrata). Sie suchen hauptsächlich im Blattwerk der Bäume und im Unterholz nach Nahrung. Insbesondere sind sie in Blatthonig vernarrt und sammeln diese süsse Flüssigkeit von Pflanzenläusen. Des weiteren sammeln sie auch Blumennektar, der einen diätetischen Hauptbestandteil der Nahrung ausmacht, zum Teil nehmen sie auch Wasser zu sich. Die gesammelte Nahrung und die süsse Flüssigkeit werden zur Kolonie gebracht und mit den anderen Ameisen innerhalb des Nestes geteilt. Die erbeuteten Insekten (Insecta) werden mundgerecht zerteilt und den Larven verabreicht und die Flüssigkeit wird in Form von kleinen Tröpfchen gegeben. Die Blätter werden zu Brei zerkaut und benutzt, um pupale Räume für die Larven zu bilden, wenn sie bereit sind, Kokons zu spinnen.

Fortplanzung:

Vor der Verpaarung kann man im zeitigen Frühjahr Königinnen auf ihrem Hochzeitsflug beobachten. Die eigentliche Verpaarung findet am Boden statt. Das Männchen übergibt der Königin ein Samenpaket, welches sie in ihrer Samentasche aufbewahrt. Eine Begattung findet nur einmal statt und dieser Samenvorrat in der Samentasche hält bis zu 20 Jahre. Kurz nach der Paarung sterben zum einen die Männchen und zum anderen werfen die Königinnen ihre Flügel ab. Dazu weisen die Flügel sogenannte Sollbruchstellen auf.

Zur ersten Eiablage kommt es im März oder im April. Die Eier werden in eine separate Bruthöhle gelegt. Nach einigen Tagen schlüpfen die Larven. Speziell dafür abgestellte Arbeiterinnen versorgen die Larven mit Nahrung. Die Nahrung führen sie in Nahrungstaschen (Kropf) mit und wird über Mund-zu-Mund-Fütterung an die Larven übergeben. Über eine Beimischung von Hormonen aus der Unterlippenspeicheldrüse entscheidet sich, ob aus einer Larve eine Königin entsteht oder ein anderes Mitglied der Kaste.

Nach dem Schlupf der fertigen Ameisen fliegen die Königinnen aus und suchen ein Männchen. Meist wird ein neuer Bau angelegt. Es kommt aber auch vor, dass vorhandene, aber leere Bauten bezogen werden. Mit der Ablage der ersten Eier wächst nach und nach ein neues Heer Arbeiterinnen heran. Die Lebensdauer einer Königin kann fünfzehn bis zwanzig Jahre betragen, die Arbeiterinnen leben durchschnittlich zwei bis drei Jahre.

Schutz und Gefährdung: Neuerdings werden auch heimische sowie exotische Ameisen und Ameisenkolonien verschiedener Arten, unter anderem auch die 24-Stunden-Ameise, im Handel und im Internet zum Verkauf angeboten. Die Ameisen sind manchmal keine eigenen Züchtungen, sondern sind direkt aus der Natur entnommen, was zum Teil auch die Händler verschweigen. Nach der derzeitigen Gesetzeslage ist es völlig legal, eine Art zu fangen, zu halten, zu vermehren und in den Handel zu bringen, was im Grunde genommen unverantwortlich ist, Ameisen aus der Natur zu entnehmen, um sie privat zu halten. Ameisen sind im gesamten Ökosystem nicht wegzudenken, da sie sehr nützlich sind, indem sie Unkrautsamen wegtragen, die Eier von schädlichen Insekten, Möhrenfliegen, Schnecken und kleine Raupen, aber auch Tierleichen vertilgen. Die Anzahl der in Deutschland eingeführten und damit verkauften Ameisen aus aller Welt wächst stetig an, was vielleicht zu einem Problem für die einheimischen Ameisen-Arten werden könnte, da man ja bekanntlich das Tier wie ein Gegenstand bedenkenlos wieder entsorgen kann, wenn man desses überdrüssig geworden ist. Es gibt genug Beispiele dafür.

Wissenswertes: Die eingeborenen Völker in Brasilien nutzen die 24-Stunden-Ameise für ihre Rituale, das einerseits den Übergang von Jungen zum erwachsenen Mann symbolisieren soll, andererseits aber auch zum Krieger. Dabei werden die Ameisen zunächst mit einer Art natürlichem Chloroform betäubt und mit dem Stachel nach innen in einen Handschuh gewebt, der aus Blättern besteht und mit einem Ofenhandschuh vergleichbar ist. Kommen die Ameisen wieder zu sich, sind sie äußerst aggressiv. Nun muß der Junge seine Hand volle 10 min, manchmal auch 30 min in dem Handschuh lassen und die Stiche erdulden. Ist die Zeit vorüber, ist der jeweilige Arm und die Hand des Jungen wie betäubt und er leidet tagelang unter einem kontrollierbaren Schütteln. Der einzige "Schutz" ist Holzkohle, es soll die Stiche verhindern, indem es die Ameisen verwirrt. Aber um das Ritual wirklich vervollständigen zu können, müssen die Jungen diese Qual mehrmals über sich ergehen lassen, im ganzen etwa 20 mal. Verteilt über mehrere Monate oder sogar Jahre.

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