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Info: Die Waldeidechse (Zootoca vivipara, syn. Lacerta vivipara) ist eine Echte Eidechsen (Lacertidae) aus der monotypischen Gattung Zootoca. Im Englischen nennt man sie Common lizard oder auch Viviparous lizard.

Beschreibung: Die Waldeidechse erreicht eine Länge von bis zu 18 cm, wobei der Schwanz etwa 2/3 der Gesamtlänge ausmacht. Ihr Körper ist durchaus als schlank zu bezeichnen, der Kopf ist abgeflacht und ihre Beine sind recht kurz. Die Grundfärbung reicht von hellbraun über beige bis rotbraun und dunkelbraun. Die Rückenschuppen sind gekielt. Weibchen haben in der Regel dunkle Seiten- und Rückenstreifen, die längs zum Körper verlaufen. Beim Männchen sind diese Streifen weniger deutlich sichtbar. Die Unterseite beim Männchen ist gelb mit schwarzer Sprenklung, beim Weibchen ist sie weiß bis gelblich ohne Sprenklung. Ihr Kopf ist kurz, von rundlicher Form und setzt sich nicht vom Körper ab. Der Kehlbereich ist weiß und kann bläulich schimmern.

Lebensweise: Waldeidechsen sind recht standorttreu und tagaktiv. Nachts verbergen sie sich unter Steinen, in Felsspalten oder anderen geschützten Plätzen. Während der kalten Jahreszeit halten die Tiere eine mehrmonatige Winterruhe. Auf dem Speiseplan stehen überwiegend Gliederfüßer (Arthropoda) wie Spinnetiere (Arachnida), Ameisen (Formicoidea), Käfer (Coleoptera) und Geradflügler (Orthoptera) sowie Raupen und andere Insektenlarven.

Fortpflanzung: Die Waldeidechse ist eine von weltweit sehr wenigen und europaweit die einzigste Reptilienart, die je nach Unterart und in verschiedenen Arealen des Verbreitungsgebietes eine unterschiedliche Fortpflanzungsbiologie aufweist. Bei ihr kommen sowohl Oviparie (eierlegend), wie auch Ovoviviparie (ei-lebendgebärend) vor. Bei der Ovoviviparie kommt es zur Bildung von Eiern mit hauchdünner Hülle, die Jungtiere schlüpfen jedoch bereits direkt nach deren Ablage und kommen lebend zur Welt. Wahrscheinlich war die Art ursprünglich durchweg ovipar, teilweise entwickelte sich jedoch die Ovoviviparie heraus und ermöglichte somit das Vordringen in den hohen Norden nach Sibirien, bis zum 70. Breitengrad. Eier würden sich bei den gegebenen Temperaturen nicht entwickeln können. Die Winterruhe der Art endet recht früh. Im deutschen Tiefland sind bei entsprechenden Temperaturen adulte Exemplare ab Ende Februar zu beobachten. Im nördlichen Verbreitungsgebiet sowie im Hochgebirge kann sich die Winterruhe hingegen wesentlich länger hinziehen. Die Paarungszeit beginnt gegen April/Mai, im Norden und im Gebirge etwa gegen Mai/Juni. Es wird kein Balzverhalten seitens der Männchen beobachtet. Es kommt zu einem unmittelbarem Nackenbiss beim paarungsbereiten Weibchen, mit den Hinterbeinen wird das Weibchen umklammert. Einer (von zweien) der Hemipenise wird zur Kopulation (Befruchtung) in die weibliche Kloake eingeführt. Der Geschlechtsakt dauert zwischen 10 und 50 Minuten. In den Mittelgebirgen und im Tiefland Mitteleuropas kommt es etwa im Juli/August zur Geburt der Jungtiere, ein Wurf fasst zwischen 3 und 11 Echsen. In Süd- und Südwestfrankreich, Nordspanien, Oberitalien, Slowenien, Kroatien und im Süden Kärntens kommen Unterarten vor, welche weiße, kalkschalige Eier in feuchten Ecken, etwa unter Steinen, Rinde oder im Moos, ablegen. Gelegentlich entstehen dabei Gemeinschaftsgelege. In Tieflagen kommt es je Saison zu zwei Gelegen (das 1. im Juni/Juli, das 2. im Juli/August). Die Jungechsen haben eine einheitlich schwarzbraune Tarnfärbung und eine Geburtslänge von 30 bis 40 mm.

Verbreitung: Die Waldeidechse bewohnt ein sehr großes Areal. Eierlegende Populationen finden sich in Süd- und Südwestfrankreich, Nordspanien, Oberitalien, Slowenien, Kroatien, Teilen der Schweiz und im Süden Kärntens. Zootoca vivipara vivipara, die lenbendgebärende Unterart, ist von Irland und Großbritannien, den Beneluxländern und West-Frankreich über ganz Mitteleuropa, Skandinavien und den größten Teil Russlands bis an die Westküste Russlands verbreitet. Nach Süden dringt sie bis zum Kaukasus vor. Sie ist gemessen an der Ausdehnung des Verbreitungsgebietes eine der am weitest verbreiteten Reptilienarten. Zudem ist sie die weltweit nördlichste Reptilienart, die mancherorts den 70. nördlichen Breitengrad erreicht und somit in den Polarkreis vordringt. Waldeidechsen sind sowohl in Meeresspiegelhöhe anzutreffen, wie auch im Hochgebirge, wobei sie in den schweizerischen Alpen bereits auf 2560 m über NN dokumentiert wurden.

Lebensraum: Sie bewohnen unterschiedlichste Habitate von Mooren, Feuchtwiesen, Waldlichtungen, -schneisen und -rändern über Steinbrüche, Heidelandschaften, Hügel- und Bergland bis hin zu Dünenlandschaften und Flussufern. Sie sind oft aber bei weitem nicht zwangsläufig in direkter Gewässernähe anzutreffen. Bei Gefahr flüchten sie in der Regel ins Wasser, in Felsspalten oder ins Gebüsch. Erwähnenswert ist, dass die Waldeidechse zwar häufig in Waldnähe oder Wäldern anzutreffen ist, aber auf offene Gebiete oder Lichtungen angewiesen ist und nicht etwa inmitten stark schattiger Hallenwäldern, wie sie zum Beispiel von Rotbuchen gebildet werden können, vorkommen.

Parasiten und Feinde: Zu den Fressfeinden erwachsener Eidechsen gehören insbesondere kleine Raubsäuger, Raubvögel und Schlangen. Den Jungtieren können auch kleinere Vögel und große Käfer gefährlich werden. Außerdem werden Waldeidechsen sehr oft von Zecken (Ixodes ricinus) und anderen parasitierenden Milben (Acari) befallen.

Gefährdung und Schutz: Die Waldeidechse ich weit verbreitet und allgemein häufig, insbesondere in den Mittelgebirgen Mitteleuropas. In bestimmten Gegenden ist jedoch ein zum Teil starker Rückgang zu verzeichnen, vor allem in Ballungsgebieten wie dem Ruhrgebiet ist die Art selten geworden. Eine Hauptbedrohung ist der Torfabbau und die damit verbundene Zerstörung vieler Hochmoore der deutsch-niederländischen Tiefebenen. Auch Verbuschung und Bewaldung ehemals offener Flächen ist problematisch. Zum Schutz der Art trägt beispielsweise bei, forstwirtschaftliche Kahlschläge nicht direkt wieder komplett aufzuforsten, Waldränder breit anzulegen und Schonzonen zwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen und Waldrändern zu belassen. Ebenfalls förderlich ist die Anlage von „wilden Ecken“ mit Natursteinmauern im eigenen Garten sowie der Verzicht auf „aufgeräumte Wälder“ und das Belassen von Totholzanteilen.

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