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Wanderfalke
Wanderfalke

Falco peregrinus

Systematik
Klasse: Vögel (Aves)
Unterklasse: Neognathae (Neognathae)
Ordnung: Greifvögel (Falconiformes)
Familie: Falkenartige (Falconidae)
Unterfamilie: Eigentliche Falken (Falconinae)
Gattung: Falken (Falco)
Art: Wanderfalke
Allgemeines
Verbreitung: weltweit (außer einigen Inseln und Antarktis)
Lebenserwartung: 15-18 Jahre
Lebensraum: Gebirge, Grasland, Moore, Feuchtgebiete, Küsten, Siedlungen
Größe: 34-50 cm
Flügelspannweite: 79-115 cm
Gewicht: 580-1300 g
Ernährung: Fleischfresser
Gefährdung: nicht gefährdet (LC)

Der Wanderfalke (Falco peregrinus), auch als Edelfalke, Blaufalke, Steinfalke, Taubenfalke oder Pilgerfalke bekannt, ist eine Greifvogelart aus der Gattung der Falken. Er ist angesichts der Tatsache, dass er bis auf die Antarktis auf jedem Kontinent zu finden ist, der weltweit am meisten verbreitete Vogel. 1971 ist der Wanderfalke zum Vogel des Jahres gewählt worden.

Aussehen[]

Der Wanderfalke ist ein großer, gedrungener Falke. Die Weibchen werden mit 900 – 1300 g deutlich schwerer als die Männchen, die nur 580 – 750 g schwer werden. Die Flügelspannweite beträgt zwischen 85 - 115 m. Im Flug ist der Wanderfalke an seinen schnellen und kraftvollen Flügelschlägen, seinen langen und spitzen Schwingen sowie am kurzen, sich nach hinten verjüngenden Stoß zu erkennen. Beide Geschlechter gleichen sich in der Gefiederzeichnung. Sie sind oberseits dunkel graublau und auf der Unterseite hell gezeichnet mit einer feinen, dunklen Querbänderung. Die Querbänderung ist an den Flanken am kräftigsten und löst sich in Körpermitte auf der Brust und am Bauch oft zu einer Reihe rundlicher Flecken auf. Jungvögel sind bräunlich mit dunkler, längsgefleckter Unterseite. Der Oberkopf, der Nacken und der breite Backenstreif sind schwarz gefärbt, die Brust und die Kehle sind scharf abgesetzt weiß. Hellgelb sind die Beine, die Wachshaut an der Schnabelbasis und der die Augen umgebende Lidring. Schwanzfedern und Deckgefieder weisen hellgraue Spitzensäumungen auf.

Der Wanderfalke ist ein tagaktiver Einzelgänger, der nur zur Paarungszeit gemeinsam mit einem Artgenossen lebt. Die Größe des Reviers bestimmt das Nahrungsangebot, aber in der Regel ist es 150 - 1.000 Quadratkilometer groß. Der Wanderfalke ist ein Anwarte- und Verfolgungsjäger, der oft weitab des Horstes in der offenen Landschaft jagt. Er ist ein sehr gewandter Flieger und erreicht hohe Geschwindigkeiten. Während der Brut- und Aufzuchtszeit duldet er keine fremden Artgenossen in der Horstumgebung. Anderen Arten gegenüber ist er aber erstaunlich tolerant. So brütet er oft in unmittelbarer Nachbarschaft zu anderen Greifen, z.B. dem Turmfalken, oder in Saatkrähen- oder Reiherkolonien. Die Angriffe auf Konkurrenten, Feinde, auch auf den Menschen am Horst sind - vor allem durch das Weibchen - sehr heftig. Am Horst ist die Art sehr stimmfreudig. Das sogenannte „Lahnen“ hat Bedeutung als Bettel- oder Erregungslaut. Je nach Verbreitungsgebiet ist er Stand-, Strich- oder Zugvogel. Aus nördlichen und nordöstlichen Gebieten ziehen sowohl Jung- als auch Altvögel und aus anderen Gebieten überwiegend Jungvögel in die Hauptzugrichtung Südwest. Spanien, Frankreich und der Mittelmeerraum dienen der Überwinterung. Durchzügler fallen als Einzelzieher kaum auf. Wegziehende erscheinen deutlich später (April/Mai) am Brutplatz als standorttreue Tiere. Standvögel erweitern im Winter ihr Jagdgebiet deutlich. Im Winter halten sich bei uns gelegentlich auch Vögel aus nördlichen Brutgebieten auf.

Ernährung und Jagdverhalten[]

Der Wanderfalke schlägt seine Beute ausschließlich im freien Luftraum und ist damit ein hochspezialisierter Vogeljäger. Entweder von einer Sitzwarte oder aus einem kreisenden Spähflug aus jagt er seine Beute an. Dabei verwendet er sehr verschiedene Methoden, die bei der Vielzahl der Jagdbiotope und der möglichen Beutetiere stets abgewandelt werden: Beim Steilstoß fliegt er mit Geschwindigkeiten von über 300 km/h auf die Beute zu, die die Krallen in den Rücken geschlagen bekommt und verletzt oder bereits tot zu Boden fällt. Am Boden wird noch lebende Beute durch einen Biss in den Hinterkopf bzw. zwischen die Halswirbel getötet. Der Wanderfalke ergreift beim Flachstoß seine Beute von hinten, indem er über ihr den Rücken fasst und bei wehrhafter Beute im Flug noch den Tötungsbiss anbringt. In einer anderen Jagdvariante streicht er unter Ausnutzung jeder Deckung zunächst flach über den Boden, fliegt mit einer plötzlichen Wendung steil nach oben, um dann sein überraschtes Opfer von unten zu fassen. Der Wanderfalke greift ebenso Jungvögel anderer Arten aus dem Horst und jagt anderen Greifen die Beute ab. Er jagt Insekten im Flug, kleinere Beute wird oft schon im Flug gekröpft. Die Beute wird anschließend auf sogenannten Rupfkanzeln (z.B. Felsköpfe) zerlegt. Typische Rupfungen des Wanderfalken sind meist kreisrund mit Beuteresten in der Mitte. Bei einem Vogel, z.B. einer Ringeltaube, bleiben die ungerupften Flügel stets mit dem Schultergürtel verbunden.

Fortpflanzung[]

In der Tiefebene ist der Wanderfalke ein Baumhorster, der als Horstbenutzer alte Greifvogelhorste für sich in Anspruch nimmt. Hier steht er bei einem Mangel an Felsbrutmöglichkeiten in großer Konkurrenz zum Uhu. Da nur eine geringe Anzahl an natürlichen Lebensräumen für den Wanderfalken zur Verfügung stehen, nutzt er gerne ausgebrachte Nisthilfen an hohen Gebäuden (z.B. Atommeiler, hohe Türme von Industrieanlagen, Autobahn- oder Eisenbahnbrückenpfeiler).

Trotz Monogamie (Dauer- oder Saisonehe) findet am Brutplatz eine Neu- bzw. Wiederverpaarung statt. Zur Paarbildung jagen die Tiere regelmäßig gemeinsam, woraus sich Balzflüge entwickeln können. Diese Ausdrucksflüge sind charakteristische Achterschleifen unmittelbar über dem Horststandort. Bei der Balz auf dem Horst umläuft das Männchen das Weibchen mit Duckbewegungen und Kopfdrehen, die durch Rufe begleitet werden. Paarvögel überwintern oft gemeinsam. Das Männchen kehrt meist als erstes an den vorjährigen Brutplatz zurück und versucht diesen gegen Konkurrenz zu behaupten. Nistplatz- oder Horsttreue sind nachgewiesen. Felshorste liegen in höhlenartigen Nischen oder auf Querbändern unter Überhängen. Baumhorste, die er selber nicht baut, befinden sich in unterschiedlicher Höhe von 7 – 30 Metern, häufig in alten Kiefern. Bevor sie belegt werden, werden die Horste nicht ausgebessert. In Mooren und Steinbrüchen kommen Horste auf dem Boden, genauso an Gebäuden (auf Pfeilern von Autobahn- und Eisenbahnbrücken, in Ruinen, auf Hochhäusern, in Kirchtürmen und Leuchttürmen an der Küste) vor. Das Männchen versorgt das Weibchen schon vor dem eigentlichen Brutbeginn mit Futter, welches das Männchen anfangs nur zögerlich abgibt. Dieses Balzfüttern hält bis zur Jungenaufzucht an. Die Beuteübergabe erfolgt zum Teil in der Luft. Die 3- 4 (1- 6 ) Eier werden zwischen März und Mai im Abstand von 2 Tagen entweder auf den blanken Boden oder in eine gescharrte Mulde gelegt und fast ausschließlich vom Weibchen bebrütet. Im Laufe einer Woche schlüpfen alle Jungen, die insgesamt 5 – 6 Wochen in der Horstmulde verbleiben. In der sich anschließenden, etwa 6 – 10 Wochen andauernden Bettelflugperiode perfektionieren die Jungvögel das selbstständige Beuteschlagen. Danach löst sich die Familie Ende Juli/Anfang August auf.

Verbreitung[]

Der Wanderfalke kommt nahezu weltweit mit etwa 17 Unterarten vor. In Europa lebt er in Großbritannien (konzentriert in Schottland), in Spanien, im südöstlichen Frankreich, in Italien, Griechenland, auf dem Balkan, Deutschland, Polen, Ukraine, Rußland und Skandinavien bis zum 69° Nord. Die heutigen Vorkommen stellen eine Reliktverbreitung des ehemals geschlossenen Verbreitungsgebiets dar. Der Wanderfalke ist sehr anpassungsfähig und brütet in den verschiedensten Lebensräumen, insbesondere an Steilküsten, auf Inseln, in Steinbrüche tuuen in der Tiefebene genauso wie im Mittelgebirge. Felsen oder Steinbrüche mit steilen, aus der Landschaften herausragenden Wänden mit gutem Rundblick werden gerne besiedelt. .

Bestand[]

Nach einem Bestand von etwa 850 Brutpaaren im Jahr 1950 nahm der Wanderfalke im Jahr 1969 auf nur 100 Brutpaare ab. Der Tiefpunkt lag Mitte der 70er Jahre bei einem deutschen Gesamtbestand von nur noch 50 Brutpaaren. Seit Mitte der 80er Jahre steigt der Bestand wieder kontinuierlich an und erreicht im Jahr 1997 566 Brutpaare für Gesamtdeutschland. Der Wanderfalke hat sich als Kulturfolger die Städte mit ihrem großen Nahrungsreichtum erschlossen. Gleichzeitig hat die Zahl der baumbrütenden Wanderfalken deutlich abgenommen.

Pestizidverbot, Horstbewachung und aktive Wiederansiedlung konnten nur stellenweise ein Aussterben des Wanderfalken verhindern. Direkte Verfolgung wie das Aushorsten durch Taubenzüchter, Eierdiebstahl durch „Falkner“, der direkte Abschuss, aber auch Störungen durch Kletterer sind und waren maßgeblich für den Rückgang verantwortlich. Durch die Akkumulation von Umweltgiften (DDT) – hervorgerufen durch die Aufnahme verseuchter Beutetiere – nahm die Eischalendicke ab. Die Eier zerbrachen beim Brüten und die Zahl der tauben Eier nahm zu. Auch die Vitalität von Embryonen und Jungtieren nahm ab. Eine starke Wegeerschließung der Landschaft gerade an touristisch attraktiven Felsen, sowohl an deren Fuß als auch zu diesen hinauf, brachten deutlich mehr Störungen in die Horstbereiche. Der Wanderfalke gab bei starker Frequentierung zur Brutzeit seine Brut auf, was zum Verhungern der Jungtiere führte. Blieb der Brutvogel länger vom Horst weg, konnten die Jungtiere auskühlen und Schaden leiden. Bruten auf Brückenfeilern von Autobahnen oder ICE-Trassen nehmen aufgrund der derzeitigen Ausbreitung des Wanderfalken zu. Leider steigt damit auch die Zahl der Anflugopfer. Menschliche Aktivitäten an Felsen - vom Lagerfeuermachen unter dem Brutfelsen bis zum stark zugenommenen Klettersport -, Brückenwartungsarbeiten von Bundesbahn, Straßenbau- sowie Autobahnämtern zur Brutzeit, Hubschrauber-Übungsflüge an Felswänden u.v.m. stellen die aktuell größten Gefährdungen dar.

Wanderfalken sind Störungen gegenüber, die unterhalb des Brutfelsens stattfinden, eher tolerant. Auf Störungen oberhalb des Brutfelsens oder in der Horstwand an anderen Stellen reagieren sie sehr energisch mit Angstrufen und Scheinangriffsflügen. Spätestens dann merkt ein Kletterer, dass er in den Horstbereich eingedrungen ist. Wanderfalken geben ihre Brut auf und werden dauerhaft vertrieben, wenn Hängegleiter, Gleitschirm- und Drachenflieger häufig in geringer Höhe über oder vor allem vor dem Brutfels fliegen. Sie tolerieren regelmäßiges Überfliegen von Brutgebieten durch Modellflugzeuge oder kreisende Segelflugzeuge, wenn sie in mindestens 200 m Höhenabstand erfolgen.

Schutz[]

Die Häufigkeit, Intensität, der zeitliche und der räumliche Abstand von Störungen im Horstbereich des Wanderfalken spielen wie die dabei gegebene Witterung, Tageszeit, der gegenwärtige Stand des Brutgeschehens, der Gewöhnungsfaktor u.v.m. eine Rolle bei deren Auswirkungen. Aufgrund der sehr stark örtlich bezogenen Störfaktoren werden an den unterschiedlichen Brutplätzen auch verschiedene Regelungen zum Schutz der Art getroffen, die vom Kletterverbot, Lagerverbot bis zum Verlegen von Wanderwegen reichen. Leider wird der Wanderfalke von vielen Menschen als Schädling (Taubenzüchter) oder als gewinnbringendes Tier angesehen. Als beliebter Beizvogel wurde und wird er gerne als Jungvogel aus dem Horst genommen. Zur Brutzeit setzen sich eine ganze Reihe freiwilliger Horstbewacher zum Schutz des Wanderfalken ein.

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