Info: Der Weißflügelvampir (Diaemus youngi) zählt innerhalb der Familie der Blattnasen (Phyllostomidae) zur Unterfamilie der Vampirfledermäuse (Desmodontinae). Im Englischen wird die Art White-winged Vampire Bat genannt.
Aussehen und Maße: Der mittelgroße und robust gebaut Weißflügelvampir erreicht je nach Unterart und Geschlecht eine Körperlänge von 7,8 bis 8,9 (8,4) cm, eine Hinterfußlänge von 1,67 bis 2,08 (1,88) cm, eine Ohrlänge von 1,67 bis 1,93 (1,85) cm, eine Vorderarmlänge von 5,03 bis 5,47 (5,26) cm sowie ein Gewicht von rund 21 bis 38 g. Männchen bleiben unwesentlich kleiner und leichter als Weibchen. Die mexikanischen Populationen sind kleiner und leichter als die Populationen im südlichen Mittelamerika und Südamerika. Die Fellfärbung variiert von gräulich, über hellbraun bis dunkelbraun, wobei die Vorderarme nur spärlich behaart sind. Ähnlich spärlich ist auch die Flughaut, das Patagium, behaart. Die Ränder der Flugmembran weisen eine weißliche Färbung auf, dieses Merkmal war für die Art namensgebend. Die Ohren sind mittellang und jeweils getrennt beweglich. Die untere Lippe ist vertikal gefurcht, die Schnauze ist nur wenig hervorstehend. Die Augen sind relativ groß und leuchten bei Lichteinfall. Das Gebiss besteht aus 22 Zähnen, die zahnmedizinische Formel lautet i1/2, c1/1, p1/2, m2/1. Die hinteren Molaren im Oberkiefer sind jedoch verkümmert und fehlen bei älteren Tieren häufig. Das Gewicht der Hirnmasse liegt bei den mexikanischen Populationen zwischen 660 und 930 mg, ansonsten zwischen 910 und 1.020 mg.
Lebensweise: Die nachtaktiven Weißflügelvampire sind gesellige Fledermäuse, die in kleinen Kolonien von bis zu 30 Individuen leben. Auch wenn monogame Tendenzen bekannt sind, so leben Weißflügelvampire üblicherweise polygam. Während der Ruhephasen halten sich die Tiere üblicherweise in hohlen Bäumen oder an ähnlich geschützten Plätzen auf. Weißflügelvampire sind flinke, jedoch bedachtsame Flieger.
Verbreitung: Der Weißflügelvampir ist im südlichen Nordamerika sowie in Mittel- und Südamerika verbreitet. Das Vorkommen der Tiere erstreckt sich über Argentinien, Belize, Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Costa Rica, Ecuador, El Salvador, Guatemala, Guyana, Honduras, Mexiko, Nicaragua, Panama, Peru, Surinam, Trinidad und Tobago sowie über Venezuela. In Mexiko ist die Art im Bundesstaat Tamaulipas, südlich bis ins östliche Mexiko und weiter über Mittelamerika bis nach Panama verbreitet. In Südamerika wird hauptsächlich das Amazonasbecken besiedelt. Die südlichsten Verbreitungsgebiete liegen in Südamerika im nördlichen Argentinien. Westlich der Anden sind die Tiere im südlichen Kolumbien anzutreffen. In der Karibik sind Weißflügelvampire auf den Westindischen Inseln, insbesondere auf Isla Margarita und Trinidad und Tobago verbreitet.
Ernährung: Das Blut von Vögeln (Aves) dient den Weißflügelvampiren als bevorzugte Nahrung. In Ermangelung dessen nehmen sie jedoch auch das Blut von Säugetieren (Mammalia) zu sich. Zu den bevorzugten Tieren gehören insbesondere Geflügel, Tauben (Columbidae), Ziegen (Capra) und Hausrinder. In der Regel werden Hautstellen ohne Federn oder Haare angebissen. Dies ist meist an den Beinen oder Füßen der Fall. Ein Enzym im Speichel der Weißflügelvampire verhindert die Blutgerinnung. Die Haut wird mit den Zähnen eingeritzt und das austretende Blut wird aufgeleckt. Die Nahrungsaufnahme erstreckt sich je nach Beutetier über 10 Sekunden bis hin zu 2 Minuten. Die Nahrungssuche und -aufnahme erfolgt ausschließlich in der Nacht.
Fortpflanzung: Das Fortpflanzungsverhalten der Weißflügelvampire ist noch nicht bzw. nur unzureichend erforscht. Man geht von einer Tragezeit von 240 bis 270 Tagen aus. Die Anzahl der Jungtiere je Wurf liegt bei 1 bis 2 (1) Junge. Über die Säugezeit, die Betreuungszeit und die Lebenserwartung in Freiheit ist nichts dokumentiert. Die Lebenserwartung in Gefangenschaft liegt bei 15 bis 20 Jahren. In Freiheit dürfte ein solch hohes Alter jedoch nicht erreicht werden.
Ökologie, Gefährdung und Schutz: Weißflügelvampire gehören heute noch nicht zu gefährdeten Fledermausarten und sind in den meisten Regionen des großen Verbreitungsgebietes meist häufig anzutreffen. In der Roten Liste der IUCN wird die Art als nicht gefährdet geführt. Die Nähe zum Menschen wird keineswegs gemieden. Es verwundert nicht, dass die Tiere vor allem in der Nähe von Farmen leben. Hier finden Weißflügelvampire reichlich Nahrung. In der Nähe des Menschen sind Weißflügelvampire keine gern gesehenen Gäste. Man sagt ihnen nach, sie würden verschiedene Krankheiten, insbesondere Tollwut, übertragen. Gesicherte Erkenntnisse liegen jedoch auch hier nicht vor.